Kategorien: News News-App

Dramatische Unterschätzung von Long-Covid

Immer mehr Experten warnen inzwischen davor, die auftretenden Langzeitfolgen nach einer überstandenen Corona-Infektion zu unterschätzen. „Es stellt sich immer stärker heraus, dass Covid-19 eine Erkrankung des gesamten Gefäß- und Immunsystems ist.” Noch Monate nach der Genesung leiden viele der Betroffenen noch unter den Folgen.

Auf die drohende Gefahr für das deutsche Gesundheitswesen in Folge der sogenannten Long-Covid-Erkrankungen hat der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hingewiesen. Er sagte, dass die Bedeutung dramatisch unterschätzt wird. Auch Monate nach einer Infektion mit dem Coronavirus können Long-Covid-Patienten noch an mindestens einem Symptom leiden. „Es stellt sich immer stärker heraus, dass Covid-19 eine Erkrankung des gesamten Gefäß- und Immunsystems ist”, betonte Lauterbach.

Betroffen sein von Long-Covid könnten demnach bis zu Hälfte aller, die zuvor in einer Klinik behandelt worden waren. Dabei bezog sich der Gesundheitsexperte auf Daten aus der ersten Pandemie-Welle, die in einer chinesischen Studie zusammengefasst wurden. „Es ist ein Fehler, zu glauben, dass nur die Alten sterben und die Jungen selbst nicht gefährdet sind.”

Auch Jördis Frommhold, Chefärztin an der Median-Klinik in Heiligendamm, befürchtet, dass gerade diese Betroffenen aus dem Blick der Öffentlichkeit und auch der Politik geraten. „Das kann sich zu einem volkswirtschaftlichen Problem entwickeln.” Grund sei unter anderem, dass viele der nun betroffenen Menschen zuvor fest im Leben und der Arbeitswelt standen. Die Median-Klinik hat sich auf die Rehabilitation von Covid-19-Patienten spezialisiert.

Laut Frommhold gehören zu den Symptomen, die immer wieder in Zusammenhang mit Long-Covid auftreten, chronische Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Aber zunehmend kommen auch neurologische Einschränkungen hinzu. Auch psychosomatische bedingte Erkrankungen könnte sich ebenfalls entwickeln. „Die Patienten waren dynamisch und leistungsstark. Obwohl sie als genesen gelten, sind sie nicht arbeitsfähig und nicht in ihr bisheriges Leben integriert.”

“Patienten können behandelt werden”

Frommhold berichtet auch, dass bislang wenig über die medizinischen Hintergründe von Long-Covid-Erkrankungen bekannt ist. „Wir haben die Vermutung, dass es sich um eine Autoimmunreaktion handeln könnte.” Bekannt ist bislang der Nachweis, dass es durch die Covid-19-Erkrankung zu einer Ausbildung von Autoantikörpern gegen die Haarwurzeln kommt, dass dann zu dem typischen Long-Covid-Haarausfall führt. Antikörper seien aber auch schon im Liquor, dem Gehirnwasser, gefunden worden.

Frommhold betonte: „Patienten mit der Long-Covid-Problematik können behandelt werden”. Ob aber jemals die frühere Leistungsfähigkeit von 100 Prozent wieder erreicht werden könne, ist aber noch fraglich. Es gebe aber inzwischen schon erste Selbsthilfegruppen und Anlaufstellen an einigen Unikliniken.

Social
Author
Alexander Grünstedt