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„Hochgefährliche“ Suchmaschine schreckt Behörden auf

Der Deutsche Bundestag mischt sich in die polnische Politik ein. Der Grund ist für jeden Menschen weltweit von Brisanz. Dort wächst nämlich eine Suchmaschine heran, mit der man Gesichter erkennen und identifizieren kann.

Politiker im Deutschen Bundestag fordern eine Regulierung des polnischen Startup-Unternehmens „Pimeyes“. Die Firma, die von zwei Männern namens Łukasz Kowalczyk und Denis Tatina geleitet wird, betreibt seit 2018 eine Suchmaschine für Gesichter. Nach einem Bericht der Non-Profit-Organisation „netzpolitik.org“ analysierte Pimeyes seither ein Terabyte Fotomaterial pro Tag. Im April 2020 verkündete das Unternehmen stolz, dass seine Datenbank bereits 900 Millionen Gesichter enthalte.

Deutsche Politiker aus der Regierung und der Opposition betrachten die Entwicklung mit Sorge. Tankred Schipanski (CDU) kündigte an, dass man sich eine zeitnahe Regulierung durch die EU wünsche. Sollte dies nicht gelingen, „müssen wir hier als nationaler Gesetzgeber tätig werden”, so der digitalpolitische Sprecher der Union im Bundestag. Auch SPD-Kollege Jens Zimmermann forderte eine genaue Prüfung, ob die bestehenden Gesetze reichen, die Bevölkerung vor einem möglichen Angriff auf ihre Daten zu schützen und fragte: “Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der Anonymität im öffentlichen Raum de facto nicht mehr möglich ist?” Die netzpolitische Sprecherin der Linken erinnerte, dass die Verarbeitung biometrischer Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person gemäß EU-Datenschutzverordnung strikt verboten sei. Sie forderte daher Sanktionen. Außerdem müsse die Verbreitung der App sobald wie möglich gestoppt werden. Ihrer Ansicht nach sei PimEyes “hochgefährlich”, insbesondere für Frauen, die sich anonym bewegen möchten.

„netzpolitik.org“ wies ebenfalls auf eine erhöhte Gefahr für Frauen hin. Mittels Gesichtserkennung reiche ein Handyfoto von fremden Menschen aus, um deren Identität zu ermitteln. Für Stalker, Voyeuristen und Autoren von “Rachepornos” könnte PimEyes zur “Waffe” digitaler Gewalt werden. Aber auch jeder andere Mensch, der davon ausgehen kann, einmal in seinem Leben in unvorteilhaften Situationen fotografiert worden zu sein, müsse befürchten, dass diese Bilder als Ergebnis zum eigenen Gesicht erscheinen und zufällig oder absichtlich in seinem sozialen und beruflichen Umfeld wieder auftauchen. Eine Trennung von privaten Bildern und der beruflichen Identität wird dabei nahezu unmöglich gemacht.

Auf Rückfragen wiesen die Betreiber darauf hin, dass die Suchmaschine gedacht sei, um die eigene Privatsphäre zu schützen. So könne man sein eigenes Gesicht hochladen und nach sich selbst suchen. Die Internet-Beobachter von „netzpolitik.org“ sehen diese Aussage kritisch. Bereits das Bezahlmodel weise auf eine andere Zielgruppe hin: So könnten Kunden einen Mengenrabatt erhalten, wenn sie 100 Millionen Bilder im Monat abfragen. „Doch welcher Mensch sucht 100 Millionen Mal pro Monat sein eigenes Gesicht?“ fragen sich die Autoren.

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Martin Beier