

In Bremen sorgt ein schwerwiegender Diagnosefehler für große Verunsicherung: Bei insgesamt 34 Brustkrebspatientinnen wurden über Monate hinweg Tumorbefunde falsch interpretiert. Die Folge waren unnötige oder nicht angemessene Therapien, die die betroffenen Frauen körperlich und emotional erheblich belastet haben.
Ausgelöst wurde der Skandal durch fehlerhafte Analysen in der Pathologie eines Bremer Klinikverbunds. Eine Pathologin hatte über einen längeren Zeitraum hinweg bestimmte Tumormarker falsch eingeschätzt. Zwar lag bei allen betroffenen Frauen tatsächlich Brustkrebs vor, doch die Art des Tumors wurde inkorrekt klassifiziert. Genau diese Einordnung ist jedoch entscheidend für die anschließende Therapie – und führte in diesen Fällen zu Behandlungen, die eigentlich nicht notwendig gewesen wären.
Aufgefallen war der Fehler erst, als bei zwei Patientinnen die Therapie nicht wie erwartet anschlug. Ein leitender Arzt ließ daraufhin sämtliche relevanten Befunde erneut überprüfen. Die Überprüfung deckte schließlich systematische Fehleinschätzungen auf.
Die Konsequenzen für die Frauen sind gravierend. Viele von ihnen mussten schmerzhafte Behandlungen durchstehen, darunter Antikörpertherapien und teilweise sogar Chemotherapien. Nebenwirkungen wie Haarausfall, starke Erschöpfung, Nervenschäden und dauerhafte Schmerzen sind für einige Betroffene Realität geworden – obwohl die verabreichten Therapien medizinisch nicht notwendig gewesen wären.
Einige Frauen berichten von einem tiefen Vertrauensverlust gegenüber dem Gesundheitssystem, da sie schwere Eingriffe und belastende Monate durchlaufen haben, ohne dass dies medizinisch gerechtfertigt war.
Positiv ist zumindest: Nach aktuellem Stand gehen die Verantwortlichen nicht davon aus, dass sich die Krebsprognosen der Betroffenen durch die Fehlbehandlungen verschlechtert haben.
Nach Bekanntwerden des Vorfalls wurden rund 500 Befunde erneut geprüft – bei 34 Frauen bestätigten sich die Fehler. Die verantwortliche Ärztin wurde umgehend freigestellt. Der Klinikverbund hat außerdem ein verpflichtendes Vier-Augen-Prinzip für zukünftige Befundungen eingeführt, um die Qualität der Diagnosen zu erhöhen und vergleichbare Vorfälle zu verhindern.
Den betroffenen Frauen wurde Unterstützung zugesichert, etwa in Form persönlicher Gespräche oder weiterer medizinischer Begleitung.
Der Fall hat eine Debatte über die Sicherheit von Diagnosen im Bereich der Onkologie ausgelöst. Fachleute fordern bessere Kontrollmechanismen und regelmäßige Zweitbefundungen, insbesondere bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Brustkrebs. Der Bedarf an standardisierten Qualitätsprüfungen in der Pathologie wird nun mit neuer Dringlichkeit diskutiert.
Für die betroffenen Patientinnen beginnt der Aufarbeitungsprozess erst. Neben der körperlichen Bewältigung müssen viele auch das psychische Trauma der unnötigen Behandlungen verarbeiten. Rechtliche Schritte stehen ebenfalls im Raum und könnten den Fall noch lange nachwirken lassen.