Der Klimaschutz mit seinen neuen Vorschriften, CO₂-Emissionsquoten und dem Verlangen nach einer grünen Mobilität ist auch an den Fluggesellschaften nicht vorbeigegangen. Gemäß neuer europäischer Regeln sind Fluggesellschaften seit Anfang dieses Jahres dazu verpflichtet, mindestens zwei Prozent von nachhaltigem Bio-Kerosin in ihre Flugzeugtanks zu füllen, um weiterfliegen zu können. Der Prozentsatz soll jährlich gesteigert werden und bei 2050 die 70 Prozent erreichen. Die Entwicklung von Bio-Kerosin, das fachlich „Sustainable Aviation Fuel“ (SAF) genannt wird, ist aber im Augenblick immer noch in den Kinderschuhen und deshalb erheblich teurer als herkömmlicher Treibstoff in der Luftfahrt. Dies wird mit großer Sicherheit kriminelle Banden auf den Plan rufen, befürchtet die europäische Luftfahrtbehörde EASA.
Betrug im Flugverkehr ein Milliardengeschäft
Die Warnung kommt, nachdem im Laufe der letzten zwei Jahre mehrere Skandale im Zusammenhang mit dem Flugverkehr aufgedeckt wurden. In den meisten Fällen handelte es sich um gefälschte Teile zum Flugzeugbau, die durch Scheingesellschaften in unter anderem Großbritannien, Italien und Indien an Boeing und Airbus geliefert wurden. Die minderwertigen Triebwerkkomponenten waren bereits in Flugzeuge eingebaut worden, als der Skandal aufflog. Bis zum heutigen Tag ist es weder den Flugzeugbauern noch den Fluggesellschaften gelungen, alle gefälschten Teile wiederzuerkennen und zu entfernen. Jetzt befürchtet EASA, dass sich das Gleiche im Zusammenhang mit dem Bio-Treibstoff abspielen wird. Das gesetzlich vorgeschriebene Bio-Kerosin kostet nämlich fünfmal so viel wie herkömmlicher Treibstoff und stellt daher eine attraktive Einnahmequelle für die internationale organisierte Kriminalität dar, die mit gefälschtem Bio-Kerosin Milliarden einnehmen könnte.
Gepanschter Treibstoff im Triebwerk
EASA geht davon aus, dass die Verbrecher versuchen werden, bereits hergestellten Bio-Treibstoff mit minderwertigen Zutaten zu verpanschen. Wie auch im Zusammenhang mit den gefälschten Triebwerkkomponenten sind im Augenblick zu wenig Sicherheitsroutinen im Flugverkehr vorhanden, um den verpanschten Treibstoff ausfindig zu machen. Unzulänglicher Treibstoff, der in das Triebwerk eines Flugzeugs gerät, könnte zu Maschinenschäden und im schlimmsten Fall zu einem Flugzeugabsturz führen. EASA fordert deshalb jetzt die Fluggesellschaften dazu auf, Treibstoff-Lieferanten und deren Hintergrund genauestens zu prüfen und Sicherheitsmaßnahmen wie regelmäßige Stichproben einzuführen. „Das SIB (Safety Information Bulletin) zielt darauf ab, das Bewusstsein der Beteiligten für potenzielle Risiken im Zusammenhang mit dieser Umstellung zu schärfen und bewährte Praktiken für die Aufrechterhaltung der Kraftstoffqualitätsstandards zu fördern“, sagte die EASA-Sprecherin Janet Northcote in einem Gespräch mit der Bild-Zeitung. Sie weist auch darauf hin, dass neuen Spielern im Treibstoff-Markt besondere Achtsamkeit gegeben werden muss, um das Leben der Passagiere und Crew in der Luft nicht unnötig zu gefährden.