Mit Wärmebildkameras auf der Suche nach Corona-Infizierten

Um das Risiko zu verringern, sich mit dem Coronavirus anzustecken, hat im Saarland ein Supermarkt seine Kunden mit einer Wärmebildkamera gescannt. Alarmiert sind besonders die Datenschützer, dann offenbar planen auch andere Märkte ähnlich umstrittene Maßnahmen.

Um Kunden und Mitarbeiter vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, sind Supermärkte derzeit sehr erfinderisch: Plexiglasscheiben, Abstandsmarkierungen, Einkaufswagen-Pflicht. Allerdings ist jetzt eine Filiale von Edeka in Saarbrücken noch einen Schreit weitergegangen und hat kurz hinter dem Eingang eine Wärmebildkamera installiert. Alle eintretenden Kunden sollen so auf ihre Körpertemperatur hin gemessen und geprüft werden, ob eine konkrete Gefahr von ihren ausging.

Wie das luxemburgische Online-Portal „L‘Essentiel“ berichtete, hätten Kunden des Marktes nur nach Aufforderung von Mitarbeitern betreten dürfen. Der Mitarbeiter habe dann sowohl die Hände des Kunden als auch den Einkaufswagen desinfiziert. Weiterhin war es dem Mitarbeiter möglich, auf einem Monitor nicht nur das Gesicht des Kunden zu sehen, auch die Körpertemperatur wurde mit der Wärmebildkamera gemessen.
Gab es dabei Auffälligkeiten durch eine erhöhte Temperatur, so habe der Mitarbeiter einen Alarm ausgelöst und der Kunde sei zur Rede gestellt worden. Er wurde dann im Falle einer fehlenden Erklärung aufgefordert, das Geschäft wieder zu verlassen.

Der Marktleiter erklärte auf Nachfrage der „Saarbrücker Zeitung“, er habe mit dieser Aktion „die Gesundheit der Mitarbeiter schützen“ wollen. Kunden, die möglicherweise auf Grund des warmen Wetters, verbunden mit dem Warten in der Schlage eine erhöhte Temperatur attestiert bekommen haben, seien auch nicht sofort nach Hause geschickt worden, sondern es wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben, sich im Foyer des Marktes abzukühlen, so der Marktleiter weiter. Im Anschluss seien sie noch einmal getestet worden.

Nicht jeder Corona-Infizierte hat Fieber

Nach der Auffassung der saarländischen Landesbeauftragten für Datenschutz, Monika Grethel, verstoße der Test gegen die Datenschutzgrundverordnung. Um potentiell Corona-Identifizierte so ermitteln zu können, seien sowohl personenbezogene Daten als auch Gesundheitsdaten erhoben worden. Ein Verstoß gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung liegt demnach ebenso vor. „Wenn jemand – ob krank oder kerngesund – vor den Augen anderer Kunden zur Rede gestellt wird, besteht ganz klar die Gefahr der Stigmatisierung“, bestätigte ein Mitarbeiter von Grethel gegenüber der „L‘Essentiel“. Ein entsprechende Prüfverfahren wurde eingeleitet.

Der Marktleiter hat nach der Veröffentlichung der Aktion die Kamera bis auf Weiteres wieder abgehängt, so die „Saarbrücker Zeitung“. Interessanterweise sei dieser Markt aber nicht der einzige gewesen, der die Kameras der Saarbrücker Firma „Matec Sicherheitssysteme“ nutzt oder plant, diese einzusetzen. Weitere 100 Bestellungen seien bei der Firma aus dem Saarland eingegangen. Tatsächlichen Schutz bieten die Wärmekameras vermutlich nicht, so Grethel. Sie sagte der Zeitung, „Man müsse hier auch nach der Verhältnismäßigkeit fragen“. Denn Fieber hat nicht jeder Corona-Infizierte.

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Alexander Grünstedt