Aus einer der beliebtesten Urlaubsregionen der Welt werden blutige Kämpfe gemeldet: In einer Wendung, die niemand hätte vorhersagen können, könnte nun in einem von Millionen Menschen geliebten Urlaubsland ein Kriegsausbruch unmittelbar bevorstehen.
Endlose Strände, lebendige Kultur, üppige Wälder und einzigartige Attraktionen: Kein Wunder, dass Thailand jedes Jahr über 32 Millionen internationale Besucher anzieht, darunter auch viele Deutsche. Doch in dem tropischen Paradies ist längst nicht alles in Ordnung: Ein schockierender Ausbruch von Gewalt schürt nun die Angst, dass ein Krieg bevorstehen könnte.
Tote und Verletzte bei Kämpfen zwischen Thailand und Kambodscha
Heute Morgen wurde aus mehreren Grenzregionen zwischen Thailand und Kambodscha von heftigen Schusswechseln berichtet. Beide Seiten beschuldigen einander, zuerst angegriffen zu haben. Bekannt ist lediglich, dass Schüsse und Raketen abgefeuert wurden. Mindestens 12 Menschen sollen ums Leben gekommen sein, darunter 11 Zivilisten: Nach Angaben der thailändischen Armee wurden 6 Menschen durch Schüsse an einer Tankstelle in der Provinz Si Sa Ket getötet, 3 weitere wurden verletzt, als eine aus Kambodscha abgefeuerte Rakete ein Haus in der Provinz Surin traf.
Berichten zufolge wurden bereits am Mittwoch mehrere thailändische Soldaten durch entlang der Grenze versteckte Landminen verletzt. Kambodscha spricht von einem „unprovozierten Angriff“ durch das thailändische Militär. An sechs Stellen entlang der Grenze sollen Kämpfe ausgebrochen sein.
Langjähriger Grenzstreit eskaliert in Gewalt
Videos in den sozialen Medien zeigen Explosionen, Artilleriefeuer ist zu hören, während Menschen in Panik Schutz suchen. Was den plötzlichen Ausbruch extremer Gewalt ausgelöst hat, ist unklar. Aber zwischen Thailand und Kambodscha brodelt es schon seit einiger Zeit. Grund für den Streit ist die Grenzlinie selbst: Sowohl Thailand als auch Kambodscha erheben Anspruch auf das Gebiet, zu dem der zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Tempel Preah Vihear gehört.
Bereits 1907 ordneten französische Kartografen den Tempel und das umliegende Gebiet Kambodscha zu. Jahrzehnte später legte Thailand Einspruch ein, mit der Begründung, dass bereits 1904 ein Vertrag geschlossen worden sei, der ihm Rechte an diesem Gebiet gab. 1962 entschied der Internationale Gerichtshof (IGH), dass der Tempel zu Kambodscha gehöre. Nach dem Ausbruch gewaltsamer Konflikte im Jahr 2008 wurde dieses Urteil 2013 vom IGH bestätigt. Thailand wurde aufgefordert, seine Truppen aus dem Gebiet abzuziehen. Das Land weigerte sich jedoch, das Urteil des Gerichts anzuerkennen.
Trotz zahlreicher bilateraler Gespräche im Laufe der Jahre konnten sich die beiden Seiten nicht darauf einigen, wo genau die Grenze verlaufen soll. Derzeit patrouillieren Truppen beider Länder im Bereich des Tempels, und die Spannungen sind weiterhin hoch.
Eskalation zwischen Thailand und Kambodscha droht
Nach diesem jüngsten Ausbruch von Gewalt hat Thailand seinen Botschafter aus der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh abgezogen und den kambodschanischen Botschafter ausgewiesen. Außerdem hat es seine Bürger aufgefordert, Kambodscha „so schnell wie möglich, sofern sicher möglich“ zu verlassen.
Wie es weitergehen wird, bleibt abzuwarten. In Thailand findet derzeit ein politischer Umbruch statt – Premierministerin Paetongtarn Shinawatra wurde diese Woche von ihrem Amt suspendiert, nachdem ein Gespräch veröffentlicht wurde, das sie mit dem ehemaligen kambodschanischen Staatschef Hun Sen geführt hatte. Laut Shinawatra versuchte sie, die Spannungen zwischen den beiden Ländern abzubauen – Hun Sen ist ein alter Freund der Familie und nach wie vor eine einflussreiche politische Persönlichkeit in Kambodscha. Ihre Gegner werfen ihr nun jedoch Verrat vor. In Thailand gibt es eine starke nationalistische Bewegung, die der Meinung ist, dass das von Kambodscha „gestohlene“ Gebiet zurückerobert werden muss.
Hinweis für Urlauber
Wer einen Urlaub in Thailand oder Kambodscha geplant hat, sollte sich auf der Website des Auswärtigen Amts über die aktuellen Reisehinweise und mögliche Warnungen informieren.