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Pneumologen beschreiben Virenwolken auf engstem Raum als hochinfektiös

Derzeit beschäftigt viele Forscher die Frage, wie gefährlich Coronaviren in der Luft sind. So lässt sich unter anderem auf den Alltag übertragen, welche Erfahrungen die Gesellschaft der Pneumologen über virenbeladene Aerosole auf Intensivstationen gemacht hat. Daran zeigt sich, dass gerade in engen Räumen Masken sinnvoll sind.

Hauptsächlich wird der Covid-19-Erreger über eine Tröpfcheninfektion weitergegeben. Die Sars-CoV-2-Viren werden durch Husten, Niesen und Spucketröpfchen beim Reden von Infizierten auf kurze Distanz auf neue Opfer übertragen. Die Coronaviren sammeln sich aber auch auf Gegenständen, da die aus dem Rachen kommenden Tröpfchen schnell absinken. Somit kann sich jemand über eine Schmierinfektion anstecken, wenn man etwas Kontaminiertes anfasst und dann ins Gesicht greift. Wichtigste Schutzmaßnahme ist daher weiterhin Abstand von 1,5 bis 2 m zu halten und sich häufig die Hände zu waschen.

Nun gibt es aber gehäufte Hinweise, dass auch über die Luft die Viren übertragen werden können. Auch wenn die Viren nur 60 bis 140 Nanometer groß sind, können sie als unsichtbare Virenwolken durch die Gegend wabern. „Das kann man sich vorstellen wie ausgeatmete Luft an einem kalten Wintertag“, sagt Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Beatmungs- und Schlafmedizin am Klinikum Vest in Marl, Jens Geiseler, „Im Freien wird so ein Wölkchen aber ganz schnell durch die Luft verdünnt und aufgelöst. Die Ansteckungsgefahr ist extrem gering.“ Wegen der geringen Luftzufuhr sieht dies in einem geschlossenen Raum ganz anders aus.

Positionspapier zur Beatmung von Covid-19-Patienten

In einem Positionspapier hat Jens Geiseler nun zusammen mit einem Kollegen die Rolle der Aerosole bei der weiteren Verbreitung der Sars-CoV-2-Viren untersucht. Daraus ist dann ein Positionspapier für die Beatmung von Intensivpatienten mit Covid-19-Infektion entstanden. Darin wird auch dargestellt, dass die winzigen Schwebepartikel mit den Viren mehrere Stunden in einem Raum hängen können. „Die Viren sind also noch da, selbst wenn der Covid-19-Patient den Raum längst verlassen hat. Je nachdem, wie hoch die Virenlast ist und wieviel Zeit vergangen ist, kann sich jeder anstecken, der sich ungeschützt in diesem Raum aufhält.“

Hingegen gehen die Meinungen, wie infektiös und krankmachen diese Viren in der Luft sind, weit auseinander. Prinzipiell hält Chefarzt Geiseler eine Ansteckung mit den in Aerosolen enthaltenen Viren für möglich. „Aber es kommt auf mehrere Faktoren an: wie viele Teilchen im Atem eines Infizierten sind, wie viele Viren in den Partikeln stecken und wie vital sie sind.“

Die Sars-CoV-2-Viren haben dabei eine Halbwertszeit von 1,1 Stunden. Realistisch überleben die Viren in den Areosolen maximal 3 Stunden und das auch nur unter Laborbedingungen.

Unklar, ob Infizierte andere über Aerosole anstecken

Unklar ist auch, ob Infizierte wirklich so viele virenbeladene Aerosole ausstoßen, dass sie in normaler Umgebung andere Menschen anstecken. Auf Intensivstationen sieht dies hingegen anders aus. Dabei entsteht durch die verschiedenen Beatmungsmöglichkeiten der Patienten eine erhöhte Freisetzung von aerosolisierten Viren und stellen ein hohes Risiko für das medizinische Personal dar. So sind im Umfeld von Sauerstoffmaske, Nasensonde oder Beatmungsschlauch die größten Virenkonzentrationen zu finden.

Auch Klimaanlagen scheinen eine unrühmliche Rolle bei der Verbreitung von Covid-19-Erregern zu spielen. Unter anderem erregte eine Untersuchung zu Infektionen von drei Familien in Ghangzhou Aufsehen. Gemeinsam hatten sie, dass sie in einem Restaurant direkt unter einer Klimaanlage saßen. Viren wurden auf dem Gerät keine gefunden, aber der Luftstrom der Umwälzanlage stellte die einzig logische Erklärung dar. Kurz zuvor hatte ein Gast aus Wuhan dort gegessen und war dabei einer der Superspreader, die zwar eine sehr hohe Menge an Virenmenge absondern, selbst aber oft nicht krank werden.

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Martin Beier